Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922–1941
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Dokument Nr. 74
6. Repression
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts (PA AA),
R 61668
Datum: 22. Februar 1930
Verfasser:
von Dirksen, Botschafter, Deutsche Botschaft in Moskau
Empfänger:
Auswärtige Amt
Inhalt:
Bericht der Deutschen Botschaft Moskau an das Auswärtige Amt im Jahre 1930 über die durch sowjetischen Druck erzwungenen Amtsniederlegungen einiger katholischer und mennonitischer Geistlicher.
Deutsche Botschaft
An das Auswärtige Amt
Moskau, den 22. Februar 1930.
Inhalt: Amtsniederlegung römisch-katholischer Geistlicher.
3 Durchschläge
In der letzten Zeit werden in der Presse wieder häufiger Fälle verzeichnet, in denen Geistliche sich von ihrem Beruf lossagen, diesen selbst als gegenrevolutionär und antisozial bezeichnen und sich für die Zukunft des „sinnigen Proletarierstaat der Welt“ zur Verfügung stellen. Es ist bekannt, wie derartige Erklärungen zustandekommen: Durch Drohung mit Gefängnis, jahrelanger Verschickung oder gar der Todesstrafe, oder mit Zwangsmaßnahmen gegen die Familienangehörigen werden die Betreffenden veranlasst, ihnen vorgelegte Schriftstücke zu unterschreiben, die alsdann sofort in der Presse propagandistisch verwertet werden.
Während es sich nun in der Regel der Fälle hierbei um orthodoxe Geistliche handelt, sind in den letzten Monaten auch einige Fälle bekannt geworden, in denen römisch-katholische Geistliche solche „Erklärungen“ abgegeben haben. So teilte kürzlich der katholische Priester in Taschkent R u t e n i s in einer an den Bundes-S.I.K. gerichteten Erklärung mit, er habe den Entschluß gefaßt, sein Priesteramt niederzulegen, weil er zu der Überzeugung gelangt sei, daß die Religion nur den besitzenden Klassen diene, den Fortschritt hemme und der Wissenschaft widerspreche. Er wolle für die arbeitenden Massen arbeiten und bitte, ihn in die Sowjetbürgerschaft aufzunehmen, da er in das katholische Litauen nicht mehr zurückkehren wolle.
Ferner haben nach einer TASS-Meldung aus Minsk von November vor. Js. [vorigen Jahres] in den letzten Monaten in verschiedenen Pfarren Weißrußlands drei römisch-katholische Geistliche namens S h a n o i s a k , W o l y n e s und S a k ihrer Priesterwürde entsagt. Alle drei haben in der Presse veröffentlichte Erklärungen abgegeben, die dem üblichen Schema entsprechen und sich in den Ausdrücken der Sowjetetymologie bewegen.
Auch der römisch-katholische Pfarrer G r a f , über dessen Prozess in Simferopol anderweitig berichtet worden ist (vgl. z. B. den von der Botschaft am 25. vor. Mts. [vorigen Monats] weitergeleiteten Bericht des Konsulats Odessa von 14. vor. Mts. [vorigen Monats] KWU 3) hat der Presse zufolge in seinem Schlußwort vor Gericht seinen Austritt aus dem geistlichen Stand erklärt und seine geistliche Bestallung zerrissen.
In Zusammenhang hiermit sei noch erwähnt, daß, wie die deutschsprachige kommunistische Presse der Sowjetunion meldet, auch mehrere mennonitische Prediger in der letzten Zeit sich von ihrem Beruf losgesagt und die von ihnen vorgebrachte Lehre als irrig und den Interessen der werktätigen Bevölkerung zuwiderlaufend bezeichnet haben.
gez. v. Dirksen.
Empfohlene Zitierweise:
Dokument Nr. 74, in:
Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922-1941. Quellen-Datenbank.
Hrsg. von Katrin Boeckh und Emília Hrabovec. URL:
http://www.konnetz.ios-regensburg.de/dokumenteview.php?ID=74
, abgerufen am: 07.12.2024.
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