Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922–1941

Quellen-Datenbank

Dokument Nr. 42

4. Die große Hungersnot 1932/33

Segreteria di Stato, Sezione per i Rapporti con gli Stati, Archivio Storico (S.RR.SS.),
Congregazione degli Affari Ecclesiastici Straordinari (AA.EE.SS.),
Pro Russia (1932-1935),
Pos. Scat. 11,
Fasc. 75,
Fol. 72r-74r

Datum: 19. August 1933
Verfasser: Arthur Boss
Empfänger: Kardinal Mery del Val
Inhalt: Handschriftlicher Bittbrief (1933) von Arthur Boss, Žitomir (Ukraine), an Kardinal Mery del Val in Rom.

[Randnotiz: Ingresso e da riportare alla prossima udienza.]
 
An seine Eminenz den Kard. Mery del Val
Rom, Giardino Vaticano
 
Hochheiliger Herr!
Vor allem möchte ich Eure Heiligkeit um Verzeihung bitten, dass ich mich erdreiste Eure Heiligkeit in meinen eigenen Angelegenheiten zu beunruhigen! Lange habe ich hin und hergedacht, wie ich wagte diesen Schritt zu tun; ich bitte Unsere Liebe Frau um ihren Beistand bei meinem Vorhaben. Der Grund meines Schreibens ist folgender: ich bin mit den Meinigen in der größten matteriellen Not und dem Hungertode nahe. In unserer Verzweiflung haben wir beschlossen uns an Eure Heiligkeit zu wenden. Wir wissen natürlich, und sind uns vollständig bewußt, was für eine Ungeheuerlichkeit wir damit begehen, doch haben wir keinen anderen Außweg, wir wollen uns eben vor dem Verhungern retten. Ich bitte Eure Heiligkeit mich nicht zu misverstehn und mir meine Bitte übelzunehmen, ich tue diesen Schritt nur als ultima ratio. Unsere Liebe Frau möchte dazu ihren Beistand leihen. Ich weiß, es kostet Ihrer Heiligkeit nur ein Wort und es ist uns geholfen, darum bitte ich Ihre Heiligkeit wenn möglich für uns, d. h. für mich und die Meinigen an geeigneter Stelle ein Wort für uns einlegen, dass man uns matterielle Hilfe zukommen lasen würde. Nur die alleräußerste Not, hat mich zu diesem Schritte gezwungen, bitte mir deswegen nicht böse zu sein. Villeicht kann auch Eure Heiligkeit, oder jemand aus dem Bekanntenkreise etwas für uns beisteuern. Rettet uns und helft uns! Die für uns bestimmte Summe Italienischer Lire’s müßten durch eine Bank an die Schitomir Staatsbank-Torgsin überwiesen und dabei meine Adresse angegeben werden: Artur Boss, Rußland, Schitomir, Prochorovskaja 24. Dann könnte das Geld auch im Geldbriefe an diese Bank gesand werden. Oben auf dem Couvert müßte folgendes geschrieben werden: Rußland, Schitomir, Gosbank Torgsin. Innen bei dem Gelde müßte ein Zettel folgenden Inhaltes liegen (in italienischer Sprache): Bitte Herrn Artur Boss, Schitomir, Prochorovskaja 24, für beiligende … Lire aus Ihren Torgsin-Kaufläden Eßwaren zu verabfolgen. Absenderadresse und Datum.
Wir würden hier für Ihr Geld in beiden Fällen aus den Torgsin-Kaufläden Eßwaren zu billigen Preisen erhalten und wären somit vor dem sicheren Hungertode gerettet. Es wäre gut parallel dem durch die Bank, oder per Post im Geldbriefe abgesandten Gelde auch eine kleine Summe Lire einfach im Briefe an mich [zu] senden, da wir so die Hilfe sehr schneller hätten.
Wird es uns Ihre Heiligkeit verzeihen, dass wir uns erdreistet haben um Hilfe zu bitten? Uns hat nur die äußerste Not dazu gezwungen! Verzeihung Eure Heiligkeit! Die Hilfe tut umgehend Not, bis dat qui cito dat!
 
Um Eurer Heiligkeit Segen bittend verbleibt
 
gez. Artur Boss
Schitomir 19 VIII 33

Empfohlene Zitierweise:
Dokument Nr. 42, in: Konfessionelle Netzwerke der Deutschen in Russland 1922-1941. Quellen-Datenbank. Hrsg. von Katrin Boeckh und Emília Hrabovec. URL: http://www.konnetz.ios-regensburg.de/dokumenteview.php?ID=42, abgerufen am: 26.04.2024.
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